Ein erhöhter Harnsäurespiegel kann langfristig zu Gicht und schweren Gelenkschäden führen. Besonders Risikogruppen sollten ihre Werte regelmäßig kontrollieren, um rechtzeitig vorzubeugen. Erfahre, wie du Gicht vermeiden kannst und warum Selbsttests eine sinnvolle Ergänzung zur ärztlichen Überwachung sein können.
Drei Prozent der österreichischen Bevölkerung, also rund 275.000 Menschen, leiden an Gicht. Das bedeutet nicht nur Gelenkprobleme, sondern mit dieser Erkrankung trägt man auch ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Ein relativ einfach zu kontrollierender, aber immer noch stark unterschätzter Risikofaktor ist dabei der Harnsäurewert.
Die Harnsäure entsteht als Abbauprodukt im Stoffwechsel und wird normalerweise über die Nieren ausgeschieden. Dieser Normkreislauf kann auf zwei Arten gestört werden: Wenn der Körper entweder zu viel Harnsäure bildet oder zu wenig über den Urin ausscheidet. Da der Körper Harnsäure nicht abbauen kann, lagert sich die überschüssige in Form von Harnsäuresalz-Kristallen in Gelenken, Sehnen, Schleimbeuteln oder Knorpeln ab. Dort verursachen diese Kristalle dann Entzündungen, die man gemeinhin als „Gichtanfall“ bezeichnet. Im Fachjargon nennt man den erhöhten Harnsäurespiegel im Blut Hyperurikämie.
Die Hyperurikämie tritt häufig gemeinsam mit anderen Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes auf. Ein dauerhaft erhöhter Harnsäurespiegel kann im schlimmsten Fall zu einer Stoffwechselentgleisung führen, schwere Gelenksschädigungen hervorrufen und das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen. Deshalb kommt der Prävention ebenso wie einer schnellen Reaktion bei ersten Anzeichen einer Gichterkrankung besondere Bedeutung zu.
Risikogruppen sollen regelmäßig kontrollieren
Auch wenn noch keine Beschwerden auftreten, sollten Angehörige folgender Risikogruppen ihren Harnsäurespiegel regelmäßig überprüfen lassen:
Menschen mit Übergewicht oder Adipositas
Personen mit erhöhtem Blutdruck
Diabetiker
Patient:innen mit bestehenden Nierenfunktionsstörungen
Personen mit familiärer Vorbelastung für Gicht.
Die Messung des Harnsäurespiegels erfolgt durch eine einfache Blutuntersuchung. Dabei wird den Patient:innen eine kleine Blutprobe entnommen und im Labor analysiert. Der Grenzwert für Harnsäure im Blut liegt bei maximal 6,5 mg/dl. Werte, die darüber liegen, weisen bereits auf ein erhöhtes Gichtrisiko hin und sollten weitere Untersuchungen zur Folge haben, um zu einer zuverlässigen Diagnose zu gelangen.
Für Patient:innen mit chronisch erhöhten Werten oder erhöhtem Risiko gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, den Harnsäurespiegel zu Hause selbst zu überprüfen. Hierfür sind kleine, tragbare Messgeräte erhältlich – ähnlich den Blutzuckermessgeräten für Diabetiker. Diese Geräte ermöglichen eine regelmäßige Kontrolle und können helfen, frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Ein Selbsttest läuft dabei in der Regel so ab:
Hände gründlich mit warmem Wasser und Seife waschen.
Die Fingerkuppe, aus der das Blut entnommen wird, desinfizieren.
Mit der Lanzette in die Fingerkuppe stechen.
Einen Tropfen Blut auf den Teststreifen aufbringen.
Warten, bis das Gerät das Ergebnis anzeigt.
Selbsttests können aber immer nur eine Orientierungshilfe sein. Bei auffälligen Werten ist in jedem Fall ein Arzt zu konsultieren.
Bier und Fruktose bei hohen Werten verboten
Das Risiko, an Gicht zu erkranken, steigt mit dem Alter an und ist bei Männern dreimal so hoch wie bei Frauen. Deshalb gewinnt auch die Prävention zunehmend an Bedeutung, wie auch die deutsche Rheumatologin Dr. Uta Kiltz bei der Präsentation der neuen Gicht-Leitlinien im September 2024 feststellte: „Patient:innen müssen darüber aufgeklärt werden, dass unter anderem Faktoren wie Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum das Risiko für Gichtanfälle erhöhen.“
Vor allem Bier ist gänzlich zu meiden, wenn der Harnsäurespiegel erhöht ist. Dasselbe gilt für Fruktose, den künstlichen Süßstoff aus Mais, der vor allem in Softdrinks enthalten ist: Schon ein fruktosehaltiges Süßgetränk am Tag erhöht das Gichtrisiko um 45 Prozent. Grundsätzlich lässt sich der Harnsäurewert über die Ernährung aber nicht entscheidend beeinflussen, nämlich maximal in einem Bereich um die 15 Prozent.
Ist erst einmal eine Gichterkrankung aufgetreten, läuft die Therapie auf zwei Schienen, die nicht ineinandergreifen: Die akute Anfallstherapie, in der es darum geht, die Entzündung zu behandeln, und die Harnsäuresenkung, die notfalls auch medikamentös erfolgen muss.
Zusammenfassung:
Eine regelmäßige Kontrolle des Harnsäurespiegels, besonders für Risikopatienten, kann helfen, Gelenkprobleme frühzeitig zu erkennen und schweren Erkrankungen vorzubeugen. Wer seinen Harnsäurewert regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf rechtzeitig gegensteuert, kann das Risiko für schmerzhafte Gichtanfälle und dauerhafte Gelenkschäden deutlich reduzieren. Die Kombination aus ärztlicher Überwachung und eigenverantwortlicher Kontrolle mittels Selbsttests bietet die beste Voraussetzung, um die Gelenkgesundheit langfristig zu erhalten und Gicht vorzubeugen.
Quellen:
Neue Leitlinie zur Gicht der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V., veröffentlicht in idw – Informationsdienst Wissenschaft am 6.9.2024, Gicht, veröffentlicht auf gesundheit.gv.at, Gicht von Sarah F. Keller, MD, MA, Cleveland Clinic, Department of Rheumatic and Immunologic Diseases, veröffentlicht in MSD Manual, November 2022, Gicht: Ursachen, Symptome, Therapie, Broschüre der Deutschen Rheumaliga.